Deutschlands Stromimporte und die Blackout-Gefahr

Seit die Bundesregierung acht deutsche Atommeiler stillgelegt hat, warnte manch ein Fachmann damit, dass früher oder später der Strom ausfallen wird. Spätestens im Winter wird es zappenduster in deutschen Wohnzimmern, denn die Erneuerbaren Energien könnten niemals so viel Strom produzieren, wie alle Haushalte rund um die Uhr verbrauchen würden. Und schlimmer noch: Anstatt den Strom in Deutschland zu produzieren, muss er teuer aus dem Ausland importiert werden.

Jetzt ist es Winter – und die Lampen leuchten immer noch. Darüber hinaus exportierte Deutschland trotz sibirischer Kälte in den letzten Wochen auch noch Strom in seine Nachbarländer, allen voran in das AKW-treue Frankreich. Doch nur wenige Tage später wendet sich das Blatt: Um die Netze stabil zu halten, muss zeitweise wieder Strom importiert werden. Doch wie kann es sein, dass wir zuerst Strom exportieren können um ihn nur wenige Tage später wieder importieren zu müssen?

Was für die freie Marktwirtschaft gilt, gilt auch für den Strommarkt: Angebot und Nachfrage ändern sich ständig. In den letzten Wochen konnte Deutschland dank viel Sonne und Wind auch dementsprechend viel Strom produzieren – überschüssiger Strom wurde exportiert. Besonders positiv wirkten sich die vielen Photovoltaik-Anlagen in Süddeutschland auf die Energieversorgung aus. Es war zwar sehr kalt, aber eben auch sonnig. Das heißt es wurde ausreichend Solarstrom produziert, um große Teile der Stromversorgung aufzufangen.

Jetzt, da die Tage wieder trüber sind, wurde wieder Strom importiert. Zudem mussten Kohle- und Gaskraftwerke, die sogenannten Kaltreserven, wieder in Betrieb genommen werden. Der Grund hierfür liegt in den veralteten Übertragungsnetzen, die den Strom nicht über lange Strecken dorthin transportieren können, wo er akut gebraucht wird. In Süddeutschland beispielsweise ist es meistens wirtschaftlicher, den Strom aus einem österreichischen Reservekraftwerk zu importieren, anstatt ihn innerhalb Deutschlands über weite Strecken zu transportieren.

Überschüssiger Strom aus Erneuerbaren Energien hingegen, der in Deutschland weder verbraucht noch übertragen werden kann, kann von den Netzbetreibern zur Entlastung der Netze exportiert werden – obwohl Deutschland auf Strom aus dem Ausland und von Reservekraftwerken angewiesen ist. Paradox, doch die Infrastruktur deutscher Übertragungsnetze ist auf die Energieerzeugung und -verteilung von Gestern ausgerichtet.

Wenn die Energiewende gelingen soll, brauchen wir dringend eine neue, auf stärker dezentrale Energieerzeugung ausgerichtete, Netzinfrastruktur. Die Erneuerbaren Energien haben schon lange gezeigt, dass sie auch im Winter ausreichend Strom produzieren können. Erst wenn die Netze diesen neuen Anforderungen gerecht werden, kann das winterliche Blackout-Szenario endlich ad acta gelegt werden.

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