IBC SOLAR und die Photovoltaikstudie Österreich/Deutschland oder: wie Deutschland ein AKW pro Jahr baut.

Die erste Photovoltaikstudie Österreich/Deutschland ist erschienen. Grund genug um endlich den schon lange überfälligen Gastbeitrag für den IBC-Blog zu schreiben. Da mir die Vernetzung der einzelnen Energie-Blogs im deutschsprachigen Raum wichtig ist, komme ich solchen Einladungen, soweit zeitlich möglich, immer gerne nach.

Da IBC durch die Experteninterviews und als Vorzeigemodell einer erfolgreichen deutsch-österreichischen PV-Kooperation wichtige Inputs gegeben hat, freue ich mich umso mehr, hier schreiben zu dürfen. Ich muss aber vorher auch loswerden, dass als Außenstehende die aktuellen Entwicklungen in Deutschland und die übertriebenen Förderkürzungen bei mir nur Kopfschütteln verursachen. Ich habe dazu bereits einen anderen Kommentar verfasst (Deutschland im solaren Schockzustand).

In der Studie die zwischen Juli und Oktober letzten Jahres erstellt wurde, wird Deutschland als ein Vorzeigemodell mit Investitionssicherheit dargestellt. Als einziges Land schien Deutschland verstanden zu haben, dass dieses Fördermodell OHNE Deckel oder Zielkorridor dazu führt, dass langfristig keine Förderung mehr nötig sind und so der Weg frei ist für eine RASCHE Umstellung auf Erneuerbare. Wir haben bei der Studie auch die Energiesituation der beiden Länder untersucht und da mich in den Diskussionen die Pauschalierungen immer maßlos aufregen und man immer wieder liest, die PV hätte in Deutschland noch kein einziges Kraftwerk ersetzt und sowieso keine Relevanz hat, hier ein Beispiel mit einem Auszug aus der Studie:

 

Deutschland kann pro Jahr ein Atomkraftwerk ersetzen

Ja, es stimmt,  der GWh-Output von Atomkraftwerken ist im Vergleich zu PV enorm, weil der Ausnutzungrad, wenn sie nicht gerade notabgeschaltet werden müssen, sehr hoch ist. Was vielen nicht bewusst ist und mir auch erst bei der Erstellung der Studie aufgefallen ist: Deutschland hat die letzten beiden Jahre faktisch ein AKW pro Jahr gebaut. Hier zur Veranschaulichung

  • 1 GWel AKW Block produziert bei einem Auslastungsgrad von 80% ca. 7 TWh Strom (1*80%*8760h)
  • 1 GWp PV Park produziert bei einem Auslastungsgrad von 12% ca. 1 TWh Strom

7,5 GWp, also die Leistung, die Deutschland bereits jetzt in der Lage ist, in nur einem Jahr zu bauen, kann ein AKW ersetzen. Ich halte im Übrigen nichts von der Gegenüberstellung von installierter Leistung. Die PV muss sich für die realen Zahlen alles andere als schämen, denn unschlagbar sind Wind und PV bei der Geschwindigkeit des Ausbaus und den geringen Kosten beim Abbau.

Die Gegner in Deutschland machen es sich gerne zu Nutze, dass der starke Ausbau erst vor wenigen Jahren begonnen hat und die Prozentzahlen nun so klein klingen. Das ist, als wenn man nach dem Bau des ersten AKWs gesagt hätte: „Ach für diese paar GWh im Vergleich zum Gesamtenergieverbrauch ist es den Milliardenaufwand doch gar nicht wert“.

 

Photovoltaik kann 10x schneller als AKW’s gebaut werden

Sieht man sich das zukünftige Potenzial an, sieht es gleich ganz anders aus. Genau das macht den Energieversorgern vermutlich Angst. Unten sieht man die Dauer des Ausbaus und auch Abbaus der einzelnen Energieträger. Da wird das Bild schon deutlich klarer. Ich wundere mich übrigens, dass diese Erkenntnis von Schleicher-Tappeser nicht schon öfter thematisiert wurde.

 

Ich hoffe wirklich für Deutschland, dass die derzeitigen Meldungen langfristig nur eine kleine Episode in der Historie der Verhinderungsversuche der Energieversorger bleiben und Deutschland bis 2020 mindestens die 50 GWp Marke knackt oder bei gleichbleibendem Ausbau vielleicht sogar bei 80 GWp liegt. Das Gesetz in der derzeitigen Form muss also dringend adaptiert werden um den weiteren Ausbau zu gewährleisten.

Um den Bogen wieder zurück nach Österreich zu spannen, dort träumen wir von solchen Zubauzahlen noch, aber die österreichische PV-Industrie möchte bis 2020 zumindest die 6 GWp Marke schaffen – also ein AKW bauen. Ende 2010 waren knapp 100 MWp installiert. Es gibt also einiges zu tun, wenn dieses Ziel erreicht werden möchte.

Der österreichische Markt ist trotz aller Hoffnungen auf das neue Ökostromgesetz kein Spaziergang. Die Studie gibt deshalb neben Handlungsempfehlungen für deutsche und österreichische Unternehmen auch Einblick in die möglichen Preisentwicklungen und Einschätzungen der Zubauzahlen in den nächsten Jahren. Vor allem die Fördersituation ist in Österreich sehr komplex, weshalb auch deutschen Unternehmen zu raten ist, nur mit lokalen Partnern zusammenzuarbeiten. Eine wichtige Erkenntnis aus der Studie ist, dass durch den noch immer bestehenden Deckel und den Fördertarif, der lediglich 13 Jahre garantiert wird, Österreich kein Land für Großinvestoren und Fonds wird. Umso vielversprechender ist der Endkundenmarkt, welcher jedoch ebenfalls nur über lokale Partner zugänglich ist.

Abschließend möchte ich noch zwei Zitate von IBC Vorstandsmitglied Norbert Hahn und IBC Austria Geschäftsführer Christian Bairhuber einbringen. Sie wurden bei den Experteninterviews aufgezeichnet und waren Antworten auf Fragen zur Einschätzung des österreichischen Marktes sowie Empfehlungen, worauf sich das Land noch vorbereiten sollte.

 

„Die Förderung ist in Österreich noch eine Bremse. Aber das Umdenken hat ja bereits begonnen. Wir sind zuversichtlich.“ (Norbert Hahn, IBC SOLAR)

 

„Derzeit gibt es keinen Mangel an Fachkräften, aber bei HTLs (Anm: Höhere Technische Lehranstalt) und Lehrausbildung braucht es mehr Orientierung in diese Richtung. Für das mögliche Marktvolumen von 500-800 MWp/Jahr werden zehn Mal so viele Leute wie heute gebraucht.“ (Christian Bairhuber, IBC SOLAR Austria)

 

Die Photovoltaikstudie Österreich/Deutschland ist für € 750,- bei der VEND consulting GmbH erhältlich.

 

Weitere Informationen:
Ergebnisbericht
Inhaltsverzeichnis
Blogbeitrag

 

Autorin:

Cornelia Daniel ist Inhaberin von Dachgold e.U und schreibt regelmäßig für den österreichischen ÖkoEnergieBlog.

 

Quelle: Schleicher-Tappeser R. (2011): Photovoltaik – eine disruptive Technik: Märkte, Politiken, Akteure, Technologie, AHK, Budapest, 29. März 2010

Grafik: VEND/Dachgold 2012

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